Wandern. Oh Mann. Wiese. Wieder so eine olle Wiese, Grashalm links, Grashalm rechts. Was sollen wir bloß hier? So ähnlich müssen die Gedanken in den Köpfen unserer Kinder gemurrt haben, an jenem Tag im Herbst, als wir mit ihnen im französischen Jura unser gemütliches Chalet verließen, um einen Ausflug zu machen. Begeisterung sieht anders aus. Selbst für uns wirkt der vielfach gepriesene Mont d’ Or nicht wirklich spektakulär. Wie eine olle Wiese. Würden wir Eltern aber nie zugeben. „Ist doch schön hier“, hören wir uns bemüht begeistert sagen, und schieben den vor sich hin schlurfenden Nachwuchs sanft über die Wiese bergan. „Mir ist kalt“, nörgelt der Älteste, „wann kehren wir endlich um?“ Schweigen. Ein kleiner Zaun, dann plötzlich: „Oh, Mann! Was ist das denn?“ Abrupt bleibt er stehen, auch uns stockt der Atem. Die olle Wiese endet jäh, stürzt über raue Felsen ins Tal, landet im Abgrund. Paraglider springen vom Rand, fallen ins Nichts, steigen, tanzen wie bunte Flecken am eisblauen Himmel, im Hintergrund türmen sich die Alpen auf. Olle Wiese? Mitnichten.
Ronja Vattes